Nachwuchsgewinnung für Funktionen in Vereinen und Organisationen

Ehrenamt - Quo vadis?

Bürgerschaftliches Engagement und Ehrenamt sind wichtige Säulen unserer Gesellschaft. Vereine und Organisationen können nur mit Ehrenamtlichen ihre vielfältigen Angebote sicherstellen. Trotzdem fällt es vielen schwer, passenden Nachwuchs insbesondere für verantwortungsvolle Positionen zu finden. Bei einer Veranstaltung der Stiftung Zenit im SparkassenForum in Böblingen diskutierten über 130 Vorsitzende unterschiedlicher Vereine, Hilfsorganisationen, Kirchengemeinderäte, Gemeinderäte und Verantwortliche aus den Landkreisen Calw und Böblingen mögliche Ursachen und entwickelten gemeinsam Lösungen zur Nachwuchsgewinnung.

Viele der Anwesenden beklagten die schwierige und meist zähe Suche nach passenden Personen, die sich in den Vereinen und Organisationen engagieren sollen. Dabei ist bei manchen die Not geradezu existenziell. „Wir finden keine Nachfolger im Vorstand. Dabei sind wir in einem Alter, in dem wir nicht ewig weitermachen können“, berichtet ein Teilnehmer. In den Diskussionen wird deutlich, dass die frühe Bindung junger Menschen an einen Verein der erste Schritt in Richtung Vereinserhalt ist. Möglicherweise könnten die jungen Leute durch einen erfahrenen Partner in Form eines Tandems an die notwendigen Aufgaben herangeführt werden. Doch das überzeugt nicht alle, denn zu groß ist die Gefahr, dass der Erfahrene des Tandems keine Verantwortung abgeben will und dadurch den Gestaltungswillen des Jüngeren bremst. Es sei wichtig, den Jüngeren zu vertrauen und sie auch nach eigenen Vorstellungen machen zu lassen. Auch Prof. Dr. Katja Stamer, von 2002 bis 2006 Geschäftsführerin des VfL Herrenberg, hob in ihrem Vortrag hervor, wie wichtig es sei, interessierten Menschen etwas zu bieten, was zu ihnen passt. Unter Umständen könne man dafür auch gewachsene Strukturen aufbrechen und an neue Anforderungen anpassen. Interessenten und Vereine hätten oftmals Interesse und letztlich scheitere es daran, dass das Interesse der einen Seite nicht zum Angebot der anderen Seite passe.

Ergänzend ist man sich bei der Podiumsdiskussion einig, dass die aktuellen Rahmenbedingungen nicht gerade förderlich sind, um geeigneten Nachwuchs zu gewinnen. Das beginne schon bei den älteren Jugendlichen, die aufgrund des häufigen Nachmittagsunterrichts und den zusätzlichen Hausaufgaben nur noch wenig Zeit haben sich im Verein ehrenamtlich zu engagieren. Ein Problem, das für die meisten Anwesenden nur auf politischer Ebene zu lösen zu sein scheint. Dazu kommen die häufig unattraktiven Aufgaben im administrativen Bereich, für die kleine Vereine und Organisationen ebenfalls selten Interessenten finden. „Bei Vereinen mit Mitgliedern über 500 Personen, kann man gegebenenfalls darüber nachdenken, einen Hauptamtlichen einzusetzen“, schlägt Stamer vor. Kleinere Vereine könnten sich auch zusammentun und administrative Aufgaben gemeinsam organisieren. Vielleicht wäre auch eine Beraterfunktion für Vereine und andere Organisationen denkbar, die bei Gemeinden angesiedelt wäre und bei rechtlichen und administrativen Themen mit Rat und Tat zur Seite steht, kommt als Vorschlag aus einer Diskussionsgruppe.

Einig sind sich die Teilnehmer darin, Nachwuchs frühzeitig an den Verein oder die Organisation zu binden, daraus potentielle Nachfolger für verantwortliche Positionen zu identifizieren, anzusprechen und in ihrer Entwicklung zu begleiten. Wenn die ehrenamtliche Tätigkeit dann positiv vorgelebt wird und eine entsprechende Würdigung findet, sei man auf einem guten Weg ehrenamtliche Nachwuchskräfte für die Übernahme einer verantwortlichen Position zu motivieren. Denn ohne das ehrenamtliche Engagement kann die Gesellschaft nicht funktionieren. Was würden wir ohne die Ehrenamtlichen in Hilfsorganisationen wie dem Deutschen Roten Kreuz oder der Freiwilligen Feuerwehr machen? Wie könnten beispielsweise Sport- und Musikvereine weiterhin Nachwuchsarbeit leisten, von den vielen kleinen Vereinen ganz zu schweigen?
Zum Abschluss der Veranstaltung ist eines klar: Ohne Ehrenamt geht es nicht. Aber es ist auch klar, dass sich sowohl Vereine, Organisationen aber auch die Gesellschaft so ändern müssen, damit Ehrenamt attraktiv bleibt und damit verbunden der Nachwuchs gesichert ist.